Aktuelles  

Joschi und Kira suchen eine neue Bleibe

Tagsüber ist die Straße das Zuhause von Joschi und Kira. Am Abend führt sie ihr Weg nach Mainz-Kastel, wo sie sich ein kleines Zimmer in einer Wohngemeinschaft eingerichtet haben. Doch die Wohngemeinschaft wurde im Januar aufgelöst.

Viele von uns begegnen ihm immer wieder in der Mainzer Innenstadt, aber nur wenige kennen seine Geschichte: Joschi. Täglich sitzt er von 11 bis 14 Uhr mit seiner Dobermann-Hündin Kira gegenüber des Brezel-Verkaufsstands auf dem Gutenbergplatz: 52 Jahre alt ist er und offen für einen Plausch. Dichte schwarze Wimpern umranden stahlblaue Augen, die fröhlich unter seinem braunen Filzhut hervor blitzen. Für die kalte Jahreszeit ist er gut gerüstet: unter einem schwarz-weiß-karierten Wollhemd trägt er noch ein Baumwoll-Shirt und eine dunkelbraune Jacke. Wenn er lacht, fällt auf, wie wenig Zähne er hat. Der Mann mit den grauen Bartstoppeln lebt zwar tagsüber auf der Straße, weiß aber trotzdem, was er will: so ist beispielsweise Alkohol für ihn tabu.

Immer wieder kommen Bekannte vorbei, die Kira streicheln und füttern und eine Geldmünze in Joschi's Schale werfen. „Wir haben viele Freunde“ erzählt Joschi. „Aber Kira ist mein ganzer Halt“ schwärmt er von der neunjährigen Hündin. Sie trägt ein rotes Halstuch und liegt neben ihrem Herrchen auf einer braunen, verhaarten Thermodecke. Daneben ein gelber Napf für Futter und Wasser.

Seit 10 Jahren lebt Joschi, eigentlich Joachim Hüllenhütter, auf der Straße. Vorher hatte er in der Küche verschiedener Gaststätten gearbeitet. Beim letzten Arbeitgeber waren es acht Jahre. Nachdenklich schildert er sein früheres Arbeitsleben: 60 bis 70 Stunden in der Woche hätten ihn krank gemacht: eines Tages sei er bei der Arbeit zusammengebrochen. Die Ursache sei ein blutendes Magengeschwür gewesen. Das sei Anlass gewesen, sich zu überlegen, was er wirklich zum Leben brauche. Und das ist für Joschi einmal täglich ein warmes Essen, ein Platz für seine privaten Dinge und ein Dach über dem Kopf.

Da er niemandem zur Last fallen will, lebt er ausschließlich von Spenden und hat kein Hartz IV beantragt. „Sonst würde jeder, der Steuern zahlt, für mich mit bezahlen“, begründet er seine Entscheidung. Von dem, was ihm die Menschen täglich zustecken, kann er sein kleines Zimmer in einer Wohngemeinschaft in Mainz-Kastel finanzieren.

Wie wichtig ein Zuhause ist, in das er sich abends zurückziehen kann, wurde ihm bewusst, als der Dachstuhl seines früheren Zimmers in der Augustinerstraße abgebrannt ist. Die Mitbewohner retteten sich durch einen Sprung auf das Nachbardach. Doch Joschi wollte bei seiner Kira bleiben. Sie hätte den Satz auf das glatte Schieferdach nicht überlebt. Deshalb wartete er mir ihr in der Dachgarbe auf die Feuerwehr. “Das waren die längsten 20 Minuten meines Lebens“ erinnert er sich.

Im Januar haben Joschi und Kira ihr Zuhause wieder verloren. Deshalb suchen sie eine neue Bleibe. Als Komfort reicht Joschi „ein Dach über dem Kopf, eine Toilette und fließend Wasser“. Gerne übernimmt er dafür kleinere Hausmeister- oder Gartenarbeiten. Wer hat etwas für ihn?

Kontakt:
Beratungsstelle Start-Hilfe der Pfarrer-Landvogt-Hilfe e. V. (Frau Sabine Hamann)
Adolf-Kolping-Straße 15
55116 Mainz
Tel: 06131 – 22 77 74

weitere Infos unter: www.allgemeine-zeitung.de